Elementare Musikpädagogik

Elementare Musikpädagogik

In der Elementaren Musikpädagogik (EMP) geht es um einen grundlegenden Musikunterricht, der die gesamte Breite des Umgangs mit Musik umfasst. Der Anspruch einer Grundlage schaffenden Musikpädagogik geht dabei über das rein Propädeutische hinaus und zielt auf die wesentlichen musikalischen Erfahrungsfelder ab, die sowohl das reproduktive als das produktive Musizieren umfassen. Im Zentrum stehen die Konzentration auf eigene Wahrnehmungen, das Erkunden und Ausprobieren, das Improvisieren sowie das Gestalten von Liedern, Tanzformen, szenisch-musikalischen Spielformen und Musikstücken aller Art.

Inhaltsbereiche

Singen, Instrumentalspiel, Bewegung und Tanz, Wahrnehmen und Erleben von Musik, denkerisches Erfassen von Musik einschließlich des Übertragens in Symbole sowie das Verbinden von Musik mit anderen Formen künstlerischen Ausdrucks. Diese Inhaltsbereiche werden in der EMP zwar gesondert aufgezählt, es wird aber als ein besonderes pädagogisches Qualitätsmerkmal gesehen, wenn es gelingt, sie auf jeweils angemessene und situationsbezogene Art zu verbinden.

Pädagogische Prinzipien

Die pädagogischen Prinzipien der EMP sind:

  • spielorientiert
  • experimentell
  • kreativ
  • prozessorientiert
  • intermedial
  • körperorientiert
  • beziehungsorientiert
  • offen.[1]


Zwei zentrale Begrifflichkeiten ermöglichen es, die Didaktik der EMP von einer klassischen Musikdidaktik zu unterscheiden. Es sind dies: „das Elementare“ und „das Künstlerische“.

Das Elementare

Elementar (lateinischelementarius) heißt „zu den Elementen gehörig, urstofflich, uranfänglich, anfangsmäßig.[…] Elementare Musik ist nie Musik allein, sie ist mit Bewegung, Tanz und Sprache verbunden, sie ist eine Musik, die man selbst tun muß, in die man nicht als Hörer, sondern als Mitspieler einbezogen ist. Sie ist vorgeistig, kennt keine große Form, keine Architektonik, sie bringt kleine Reihenformen, Ostinati und kleine Rondoformen. Elementare Musik ist erdnah, naturhaft, körperlich, für jeden erlern- und erlebbar, dem Kinde gemäß.“[2]

Ulrike Jungmair beschreibt das Elementare im Sinne Carl Orffs und mit Bezugnahme auf Wolfgang Klafki[3] weniger als „das Einfache“, sondern viel mehr als „das Wesentliche“, also das, was als das Wesen einer Sache innewohnt. Im Mittelpunkt der Elementaren Musikpädagogik steht demnach „der aus sich bewegte, spielende, sprechende, musizierende, tanzende Mensch. Seine Fähigkeit, aus sich selbst tätig zu werden, zu handeln und zu gestalten, bildet für den Lehrer Anknüpfungs- und Ansatzpunkte, ihm zu individuellen Darstellungsformen zu verhelfen, ihn zu deren schöpferischer Gestaltung anzuregen.“[4] Dies geschieht unter Beanspruchung aller Sinnes- und Wahrnehmungserkenntnisse des Menschen. Intuition, Exploration, Spielen, Üben, Improvisation und Komposition verbunden mit Rezeption und Reflexion führen zu einem bewussten Umgang mit einem der größten Geschenke der Menschheit, der Musik, die auch Sprache, Tanz und Bewegung involviert. Elementares Musizieren kann natürlich auch das Ersterlebnis, das Einfache sein, doch gleichzeitig auch die ausgereifteste Form künstlerischer Tätigkeit.

Das Künstlerische

Christoph Richter beschreibt das Künstlerische als „eine Tätigkeit, die hervorbringt, was so oder auch anders sein kann, was also frei ist in seiner Gestaltung, seiner Ausstrahlung, seiner Wirkung und Mitteilung“.[5] Pauls und Metz erläutern dazu wesentliche Kriterien, die sowohl die Lehrenden als auch die Lernenden betreffen. Das musikalisch künstlerische Handeln ist somit gerichtet auf

  1. „den differenzierten und originellen Umgang mit der Wahrnehmung, also das gesamte Feld der Wahrnehmungserziehung im Kontext der ästhetischen Erfahrung
  2. das Hervorbringen einer Idee, eines Einfalls, eines Impulses sowie das kreative Umgehen mit diesem Angebot.
  3. die Ausdrucks- und Gestaltungsmöglichkeiten, Handhabefertigkeiten. Technik. Das kompetente und originelle Benutzen von Material.“[6]

Diese drei wesentlichen Parameter der künstlerischen Arbeit machen deutlich, warum die EMP ein solch breites Arbeitsfeld abdecken kann und muss. Musik beginnt nach Carl Orff „im Menschen, und so die Unterweisung“.[7] Der Mensch mit seinen Fähigkeiten, Fertigkeiten und Potentialen steht im Mittelpunkt. Elementare Musik ist prozesshaft, wird von Menschen jeden Alters gespielt, gesungen, getanzt, erfunden. Sie ist geprägt vom miteinander und voneinander Lernen in einer Gruppe häufig ungleich motivierter und vorbereiteter Teilnehmer. Das kreative Schaffen im Sinne des Künstlerischen ist zentrale Tätigkeit: Es bedeutet Improvisation und Gestaltung, produktive Selbsttätigkeit auf allen Stufen des Könnens, nicht erst nach Bewältigung der technischen Voraussetzungen, sondern bereits als Motivation, diese aus eigenem Antrieb zu schaffen.

 

Einzelnachweise

1. vgl. Michael Dartsch: Mensch, Musik und Bildung, 2010.

2. Carl Orff: Das Schulwerk – Rückblick und Ausblick. In: Orff-Institut Jahrbuch, Bd. 2 (1963), ISSN 0174-9056

3. Wolfgang Klafki: Wolfgang: Das pädagogische Problem des Elementaren und die Theorie der kategorialen Bildung (Göttinger Studien zur Pädagogik; Bd. 6). 3./4. durchgesehene und ergänzte Auflage. Beltz, Weinheim 1964 (EA Göttingen 1957).

4. Ulrike Jungmair: Das Elementare, 1992, S. 200.

5. Christoph Richter: Das sogenannte Künstlerische. In: Diskussion Musikpädagogik, Bd. 6 (2000), S. 44, ISSN 1437-4722

6. Regina Pauls, Johanna Metz: Elementare Musikpädagogik im Spannungsfeld der polyästhetischen Erziehung und Bildung. In: Juliane Ribke, Michael Dartsch (Hrsg.): Gestaltungsprozesse erfahren – lernen – lehren. 2004, S. 37.

7. vgl. Carl Orff: Gedanken über Musik mit Kindern und Laien. In: Die Musik, Bd. 24 (1932), S. 668–673.

Quelle: Wikipedia